Eigentlich wollte ich das gar nicht…

Ich wollte das Ding wirklich nicht. Seine Artgenossen unterschiedlicher Provenienz habe ich schon seit einiger Zeit aussortiert. Zu flach, zu übertrieben, zu laut, zu hart klingen sie. Und zu viel von allem. Und trotzdem nirgendwo gut. Einziger Pluspunkt: ziemlich unsichtbar. Und trotzdem wurde mir vorletzte Woche ein Paket mit entsprechendem Inhalt geliefert. Skeptisch habe ich mich nach einer weiteren Woche Mit-mir-ringen (um ehrlich zu sein: wir waren ein verlängertes Wochenende im Burgund ;-)) daran gemacht, das Paket zu öffnen. Ich war mehr als überrascht…

Die Rede ist von All-in-one-Multiroom-Connected-Lautsprechern à la Bose, Sonos, Logitech und wie sie alle heissen. Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen: für mich sind das so ziemlich die grössten Kompromisslösungen, um Musik im besten Fall als Background-Berieselung in Läden und Restaurants streamen zu können. Und ausgerechnet so ein Ding erhalte ich zum Testen. Zum Glück von einem meiner Lieblingslieferanten: Octavio aus Nordfrankreich hat einen neuen, aus ihrer Sicht vielversprechenden All-in-one-Lautsprecher lanciert. An der High-End München hat das junge Team aus Tourcoin den Ocatvio Maestro – Enceinte active connectée vorgestellt.

Und so einen habe ich also nun zum Testen. Machen wir uns ans Werk.

Auspacken – Installieren

Die Jungs und Mädels von Octavio haben sich «Nachhaltigkeit» auf die Fahne geschrieben. Ein grosses Wort, wenn sie elektronische Komponenten herstellen und verkaufen. Doch wie auch bei den anderen Produkten von Octavio, ist die Verpackung erfrischen minimalistisch. Gerade so, dass das Maestro per Post oder Kurier verschickt werden kann, ohne Schaden zu nehmen. Klar ist, dass das Auspack-Experience nicht vergleichbar mit Apple oder Sonos ist, dafür ist die Menge an Verpackungsmaterial sehr vernünftig reduziert.

Das Maestro kommt mit einem internationalen Netzkabel und einem wenige Seiten umfassenden Büchlein für die Installationsanleitung (F, D, E, NL) aus. Fertig. Keine hundert Seiten umfassende Warnhinweise und so – man spürt die lokale Produktion (alle Produkte von Octavio werden in Frankreich hergestellt) und der Bezug zu den lokalen Märkten in Frankreich und drumherum. Chapeau!

Das Böxlein hat fast Würfelform, vorne prangt ein Zweiwege-System und auf der linken und rechten Seite befindet sich je eine ovale passive Membran. Auf der Rückseite ist die WLAN-Streamer- und Verstärkereinheit integriert mit Anschlussmöglichkeit für eine analoge Quelle (leider nur mit 3.5 mm Buchse), eine digitale Quelle via Optical und Ethernet. Ein Gewinde an der Unterseite erlaubt es, die Box auf einen optional erhältlichen Ständer zu schrauben.

Auf der Oberseite sind die Touch-Bedienelemente Lautstärke, Start/Stop und Titelwahl direkt auf dem Holz-Dekor aufgedruckt.

Die einmalige Installation kenne ich von den beiden ersten Octavio-Produkten STREAM und AMP bestens: Gerät mit Strom versorgen, die Sympony-App starten, Gerät mithilfe dieser App konfigurieren (easy!) und fertig.

Aussehen – Aufstellen

Ocatvio Maestro kann als einzelne Box oder Stereo und mit den anderen Octavio-Geräten im Verbund betrieben werden. Die Konfiguration wird über die App vorgenommen. Die Box ist kompakt, schön geformt sieht einfach gut aus. Ich habe sie im hellen Holzdekor bekommen. Ist halt nicht wirklich Furnier sondern eine Folie, was ich eigentlich schade finde. Alternativ ist sie auch in schwarz erhältlich. Hier ist noch etwas Luft nach oben. Schön wäre eine Version in Echtholz-Furnier – von mir aus gegen Aufpreis.

Kompaktes Design, das sich überall gut integrieren lässt.

Aufstellen ist bei einem Mono-System keine Kunst. Die Maestro kann überall stehen, sieht immer gut aus und integriert sich voll in unterschiedliche Wohn-Umgebungen.

Bedienung – Sound

Wenn ich zu Beginn dieses Beitrages behauptet habe, die All-in-one-Multiroom-Connected-Lautsprecher klingen flach, übertrieben, hart, habe ich mich auf meine Erfahrungen mit Bose und Sonos bezogen. Zu viel – nein – viel zu viel Bass, auch dort wo keiner sein sollte. Total überzeichnete Höhen. Und es klingt alles etwa so, wie eine Handykamera die Farben viel greller aufzunehmen pflegt, als sie in Natur tatsächlich sind. Entsprechend gespannt war ich auf den ersten Höreindruck mit dem Maestro. Kann der verbundene Lautsprecher an die wirklich sehr guten klanglichen Leistungen von STREAM (das ist in Verbindung mit einem guten DAC High-End, Leute!) und AMP (so etwas von überzeugend bei diesem Preis!) anknüpfen?

Der Maestro vermag mich von Beginn weg mit einem sehr angenehmen, unaufdringlichen und äusserst präzisen Klangbild in seinen Bann zu ziehen. Dabei kompensiert der kompakte Lautsprecher die fehlende Räumlichkeit (logisch bei nur einem Lautsprecher) mit einer sehr schönen, weitgehend neutralen Wiedergabe des Mittel- und Hochtonbereichs. Davon profitieren Stimmen und Instrumente (beispielsweise bei You And Your Friends von Dire Straits) gleichermassen. Erfreulich ist auch die Basswiedergabe; Octavio hat es geschafft, einen präzisen und gleichzeitig kräftigen Bass zu produzieren, ohne der Verlockung zu erliegen, ein Loudness-Monster à la Bose oder Sonos zu kreieren. Wem das nicht genügt, kann in der Symphony-App den EQ-Modus einschalten und mit den Frequenzbändern rumspielen.

Hochwertige Komponenten sind im Maestro verbaut. Die seitlichen Membranen sind passiv und helfen den tiefen Frequenzen auf die Sprünge.

Auch bei aufgezogenem Volumen geht der Maestro ganz schön zur Sache! Jedenfalls macht es mächtig Spass, damit ein Album wie Random Access Memories von Daft Punk zu hören. Gute Aussichten also, um mit dem Maestro auch eine Party zu rocken. Und wenns nicht ganz reichen sollte: alle drei Produkte von Octavio lassen sich in Gruppen zusammenfassen. Damit können zwei Maestros zu einer Stereo-Kombo kombiniert werden. Mit total 140 Watt Leistung und sauberem Klang bis die Wände wackeln, dürften selbst die hartgesottensten Partygänger voll auf ihre Rechnung kommen.

Und noch ein Wort zur Bedienung: der Maestro kann über die App Symphony, jede Streaming-App wie Apple Music und Spotify oder direkt am Gerät über die Touch-Bedienung gesteuert werden.

Fazit

Octavio hat es mit dem Maestro ein weiteres Mal geschafft, mich zu überzeugen. Zuletzt ist dies mit dem AMP gelungen, lies hierzu diesen Beitrag. Nun also wieder. Der Maestro ist nicht einfach irgend ein All-in-one-Multiroom-Connected-Lautsprecher, wie es zig auf dem Markt gibt. Er klingt für ein Monosystem sehr gut und hat durch die Erweiterbarkeit mit Stereo- und Gruppen-Funktion viel Potential für Menschen, die einfach und unkompliziert Musik in einem oder mehreren Räumen streamen, dabei aber nicht auf guten Klang verzichten wollen. Das System ist ausbaubar, zuerst mit einem zweiten Maestro für Stereo, dann aber auch mit einem AMP oder STREAM an einer «ausgewachsenen» Stereoanlage. In jedem Fall mit Gruppen- und Multiroom-Funktion. Unter dem Strich: gut, hat mir das Team von Octavio den Maestro zum Testen geschickt. Schon jetzt nehme ich ihn in das Verkaufsprogramm auf und komplettiere damit das Lauschmittel-Angebot nach unten. Danke Octavio!

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