Vincent X Octavio: High-End Netzwerkplayer im Test

Hat es diese neue Kombi «Vincent X Octavio» tatsächlich in sich: was taugt der High-Res Netzwerkplayer Octavio STREAM im Tandem mit dem brandneuen hybriden Vincent DAC-700? Erreicht das Duo den High-End-Nimbus? Welchen Einfluss hat die hybride Bauweise? Ein Versuch, darauf Antworten zu finden.

Vincent DAC-700

«Endlich!» sind wir geneigt zu sagen. Vincent hat nach dem preisgekrönten DAC-7 eine Neuauflage dieses sehr gut klingenden Wandlers in Angriff genommen und jetzt auch in der Schweiz ausgeliefert. Der neue Digital/Analog-Wandler nennt sich DAC-700 und weist gegenüber dem DAC-7 eine gemäss Herstellerangabe «runderneuerte digitale Sektion» auf. Der eingesetzte Chip unterstützt Auflösungen bis 32 bit bei 384 kHz (DSD 512) über den USB-Eingang.

Ausstattungsseitig hat Vincent gegenüber dem DAC-7 keinerlei Abstriche gemacht. Auch der Neue verfügt eingangsseitig über einen USB-Anschluss, zwei Optical, zwei Coax und einen AES. Wie bereits erwähnt, unterstütz der Wandler beim USB-Eingang Auflösungen bis 32 bit bei 384 kHz; bei den übrigen Eingängen sind es 24 bit bei 192 kHz. Gute Voraussetzungen also für unseren High-Res Netzwerkplayer Octavio STREAM, den wir mit dem DAC-700 paaren. Für den Anschluss an den Verstärker sind je zwei XLR- und RCA-Ausgänge vorhanden.

Vincent DAC-100 ist wahlweise in silber oder schwarz erhältlich. Auf der rechten Gehäuseseite befindet sich der Umschalter zwischen Transistor und Röhre. Die Beleuchtung der Röhre hinter dem Bullauge ist dimmbar.

Doch zuerst zurück um DAC-700. Bei der Speisung und ausgangsseitig finden wir altbewährtes: Digital- und Analog-Sektion werden durch vollständig getrennte Speisungen satt mit Energie versorgt. Der Analogteil ist vollsymmetrisch aufgebaut und mündet in einer Röhren-Ausgangsstufe. Eine dritte Röhre (Gleichrichter) ist hinter dem Glas-Bullauge durch LEDs orange beleuchtet. Schön gemachtes Gehäuse mit edlen Oberflächen und guter Verarbeitung. Die Fernbedienung ist ein Stück Aluminium mit den wesentlichen Knöpfchen. Typisch Vincent halt und die Bedienung ist eigentlich selbsterklärend.

Aufgeräumte Rückseite des Vincent DAC-700 mit den analogen Ausgängen auf der linken Seite, digitale Eingänge (USB, AES, 2 x Coax, 2 x Optical) und Stromversorgung rechts.

Octavio STREAM

Über den High-Res Netzwerkplayer Octavio STREAM haben wir an dieser Stelle schon oft berichtet. Und immer noch sind wir davon überzeugt, dass dieses Gerät eine geradezu geniale Kombination aus Funktionalität, Reduktion und unverfälschter, kompromissloser Musikwiedergabe darstellt. Der STREAM ist sehr spartanisch: USB-Ladegerät, kombinierte Buchse für optischen oder analogen Ausgang, zwei Touch-Buttons auf der Oberseite (Start/Pause, Weiter). Und kein Display: weil die App Octavio Virtuose auf dem Smartphone als Display und Fernbedienung viel besser geeignet ist. Dafür native Unterstützung für das Streaming von Titeln in Masterqualität bis 24 bit/192 kHz via WLAN oder Ethernet. Plus Internetradio. Plus Streaming der eigenen Musik vom heimischen NAS oder Musikserver – ebenfalls in Auflösungen bis zu Masterqualität.

Der Octavio STREAM ist äusserst kompakt und auf das Wesentliche reduziert. Er hat kein Display – dazu und für die komplette Steuerung der Musikwiedergabe wird die gut gemachte App Octavio Virtuose für Smartphone und Tablet eingesetzt.

Vincent X Octavio

Privat betreibe ich die Verbindung von Vincent und Octavio schon, seit es den Octavio STREAM in der Schweiz gibt. Weil ich mich mit Lauschmittel dafür einsetze, Musik in der besten zur Verfügung stehenden Qualität so einfach wie möglich zugänglich zu machen, soll das auch für den High-End-Bereich Gültigkeit haben. Das Auslaufen des DAC-7 hat mir diesbezüglich jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Umso schöner, dass mich jetzt der DAC-700 dazu animiert hat, ein neues High-End-Gespann zu lancieren: Vincent X Octavio besteht somit aus dem Vincent DAC-700 (silber oder schwarz), dem Octavio STREAM (nur schwarz-weiss) und optischem Kabel, Qobuz-Streaming-Abo (zwei Monate gratis) und Octavio Virtuose-App. Kostenpunkt von Vincent X Octavio: 2’589.-

Wie klingt die Kombi?

Wir testen – Ehere wem Ehre gebührt – mit einem der besten Vollverstärker auf dem Markt, dem Luxman L505uXII. Die Wiedergabe erfolgt über die Tannoy Kensington. Der DAC-700 ist via ein hochwertiges RCA-Kabel an den Verstärker angeschlossen. Die Tannoys wiederum sind über ein geschirmtes Bi-Wire-Set versorgt und zusätzlich geerdet.

Wir beginnen mit dem neuen Album von Wolfgang Haffner, Silent World. Der gleichnamige Track kommt sehr druckvoll rüber und macht Lust, das Volumen aufzudrehen. Auffallend ist die räumliche Abbildung nicht nur bei diesem Track, sondern auf dem ganzen Album: alle Instrumente wirken, als wären sie sehr nahe beim Hörplatz, fast als würden sie sich an den vorderen Bühnenrand drängen. Die Klangqualität dieses Albums ist bemerkenswert hoch und wird durch die Kombi fantastisch wiedergegeben. So macht Musikhören richtig Spass!

Auch beim zweiten Album stand die kompromisslose Aufnahme- und Klangqualität im Zentrum: die atemberaubende Compilation «Here It Is: A Tribute To Leonard Cohen» von BlueNote. Wir nehmen uns den Track mit der Stimme von Mavis Staples vor. Grossartig, was Streamer und DAC an den Verstärker senden. Die Stimme von Mavis Staples (notabene Jahrgang 1939 – sie war bei der Aufnahme 83!) tendiert bei «If It Be Your Will» immer leicht zum Kippen, ohne es wirklich zu tun. Manchmal nur ganz leicht, aber immer Präsent und hörbar bei einer sehr guten Wiedergabe – was wir hier glücklicherweise haben. Und die Härchen auf den Unterarmen stellen sich unweigerlich auf.

Gerne bleiben wir noch ein wenig bei tollen Sängerinnen und nehmen uns das Debut-Album von Lady Blackbird vor. Auf dem Track «It’s Not That Easy» fällt beim ersten Hören die Dynamik im Gesang und die räumliche Tiefe der Aufnahme auf. Die Dynamik führt sogar dazu, dass wir den Song tendenziell zu laut abspielen. Für die erwähnte räumliche Tiefe sorgt der gefühlt weiter hinten im sehr grossen Raum platzierte Steinway-Flügel, der wunderbar perlend die perfekte Begleitung für die Stimme von Lady Blackbird bildet. Der Spass am Musikhören und zwischenzeitliche Gänsehautmomente nehmen sogar noch zu.

Mit «Requiem: Lacrymosa» auf der Compilation «2L – The Nordic Sound» machen wir noch einen Abstecher in die Klassik. Haben wir vorhin von Gänsehaut gesprochen? Tja, hier nun definitiv, und auch für alle, welche mit Klassik nichts anfangen können. Die Auflösung durch die Kombi mit Octavio STREAM und Vincent DAC-700 ist realistisch, natürlich, nirgendwo überzeichnet. Sie gibt Musik gefühlt genau so wieder, wie sie das Studio verlassen hat.

Wie eingangs beschrieben, weist der DAC-700 eine hybride Ausgangsstufe mit Röhre und Transistor auf. Alle obigen Höreindrücke wurden mit der Röhrenschaltung eingefangen. Welchen Anteil hat die Röhren-Ausgangsstufe des Vincent am Klangempfinden? Auf der Frontblende des DAC-700 ist ein Schalter, mit dem von Röhre auf Transistor umgeschaltet werden kann. Wie erwartet ist der Unterschied gering, man muss schon sehr genau hinhören. Der Transistor klingt eine Nuance heller, in den Höhen einen Hauch präziser. Das neutrale, realistische Klangbild ist mit beiden Schaltung gleichermassen vorhanden, die Unterschiede sind minimal und nur im A-B-Vergleich nachvollziehbar.

Fazit

Octavio X Vincent ist die ideale Kombi für all jene, welche ihre Musik in Masterqualität ohne Kompromisse in sehr hoher Klangqualität geniessen wollen. Dass die Bedienung und Steuerung der Wiedergabe ausschliesslich über Smartphone oder Tablet (Computer ist auch möglich) mit der App Octavio Virtuose erfolgt, ist eine weitere Stärke des Systems. Nimmt man alles zusammen – die exzellente Klangqualität, die einfache Bedienung, das Design des DAC-700 – ist die Frage, ob die Kombi aus Octavio Stream und Vincent DAC-700 als High-End Netzwerkstreamer bezeichnen werden darf, eindeutig mit «Ja» zu beantworten. Das dank Octavio X Vincent eingesparte Geld würde ich übrigens in die Lautsprecher investieren :-)

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Eigentlich wollte ich das gar nicht…