Leonard Cohen – Live In London
2008 stand der Altmeister, damals schon 74, nach 15 Jahren überraschend wieder auf der Bühne. Hatte ihn zunächst ein leergefegtes Bankkonto dazu gezwungen - seine langjährige Managerin hatte ihn übers Ohr gehauen - fand er offenbar Gefallen daran. Denn bis 2013 gab er 370 Konzerte auf der ganzen Welt. Dabei füllte Leonard Cohen nicht nur die eigenen Taschen. Im November 2010 trat er in Kambodscha auf und vermachte die Einnahmen dem lokalen Roten Kreuz, nach einem Auftritt in Israel spendete er großzügig an zwei Hilfsorganisationen, die eine jüdisch, die andere palästinensisch. Nun erscheint der dritte Mitschnitt seiner späten Liveaktivität. Ob das wirklich nach "Live In London" (2009) und "Songs From The Road" (2010) nötig war? Nicht so leicht zu beantworten. Da "Live In Dublin" kurz vor Weihnachten erscheint, dürfte der kommerzielle Erfolg gesichert sein. Andererseits fällt das Paket mit drei CDs und einer DVD/Blue Ray-Scheibe außergewöhnlich üppig aus. Letztere in HD aufgenommen, wie das Label betont. Von Abzocke kann also nicht die Rede sein. Für den Insider interessant ist auch der Umstand, dass hier die erneuerte Version von Cohens Liveband zu sehen ist: Ohne Gitarrist Bob Metzger, dafür mit dem Geiger Alex Bublitchi, was dazu führt, dass die Stücke nun eine Spur markanter klingen. Wobei die Webb Sisters und die langjährige Mitarbeiterin Sharon Robinson für Kontinuität sorgen. Erstaunlich auch, wie gelassen Cohen mittlerweile auf der Bühne steht. Zeit seines Lebens litt er an starkem Lampenfieber, das Touren brachte ihn mehrmals an den Rand der Verzweiflung. Nun macht es ihm sichtlich Spaß, mit exzellenten Musikern auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum zu interagieren. Manche Kritiker missverstehen seine Höflichkeit als Unterwürfigkeit: In der Tat bedankt sich Cohen beim Publikum, noch bevor die erste Note gespielt ist. Kurz danach bedankt er sich für die Jahre lange Treue und dafür, in schweren wirtschaftlichen Zeiten die Familienkasse geplündert zu haben, um die Eintrittskarten zu ergattern. Seine Bandmitglieder und Tourcrew stellt er mehrmals vor, oft mitten in den Stücken. Ansagen, die er mit leichten Variationen bei jedem Konzert bringt, die man ihm dank seiner immensen Ausstrahlung aber gerne abnimmt. Tatsächlich scheint Cohen überrascht, dass man ihm, einem 79-Jährigen, soviel Liebe und Interesse schenkt. "Ich verspreche euch, dass wir heute Abend alles geben werden", erklärt er folgerichtig. Etwa drei Stunden dauerten seine Auftritte auf dieser Tour, von denen dieser im September 2013 einer der letzten in Europa war. Eine beachtliche Leistung, auch wenn es mittendrin und vor den Zugaben längere Pausen gab und er sich Auszeiten nahm, indem er seiner Band Soloeinlagen zugestand. Etwa Javier Mas, der zu Beginn von "Who By Fire" fünf Minuten lang auf einem lautenähnlichen Ungetüm namens Archilaud zupft. Sharon Robinson gibt "Alexandra Leaving" zum Besten, und die Webb Sisters das unter die Haut gehende "If It Be Your Will". Doch Cohen gibt tatsächlich alles, mal mit dem Mikrophon in der Hand, mal an der Gitarre oder an einer Casio-Orgel ("Tower Of Song"). In "Recitation W/ N.L." trägt er "A Thousand Kisses Deep" als Gedicht vor. Drei Stunden reichen locker aus, um den Backkatalog auszuleuchten und das damals aktuelle Album "Old Ideas" (2012) an den Zuschauer zu bringen. Leider war "Crazy To Love You" nicht Teil der Setlist, doch die anderen Stücke hören sich live ein ganzes Stück besser an als im Studio. Mut beweist Cohen auch, indem er "Chelsea Hotel #2" ausgräbt, seine 1974 veröffentlichte Hommage an Janis Joplin inklusive Beschreibung ihres Techtelmechtels. "Wir wissen nicht, wann wir so wieder zusammenkommen. Also, machts gut, Freunde, bis dahin. Fahrt vorsichtig nach Hause, fangt euch keine Erkältung ein. Ihr sollt von Freunden und Familien umgeben sein. Und falls euch das nicht beschieden ist, dann soll euch der Segen in der Einsamkeit erreichen", verabschiedet sich Cohen in "Closing Time", bevor er hüpfenden Schrittes die Bühne verlässt (und danach für zwei weitere Zugaben zurückkehrt). Ob er noch mal auf Tour kommen wird? Hoffentlich. Doch wolle er etwas tun, was künftige Tourpläne durchkreuze, nämlich wieder das Rauchen anfangen, wie er in "Anyhow" im Bonusteil der Filmaufzeichnung schmunzelnd zu Protokoll gibt. Save The Last Dance For Me, eben.
© Laut
2008 stand der Altmeister, damals schon 74, nach 15 Jahren überraschend wieder auf der Bühne. Hatte ihn zunächst ein leergefegtes Bankkonto dazu gezwungen - seine langjährige Managerin hatte ihn übers Ohr gehauen - fand er offenbar Gefallen daran. Denn bis 2013 gab er 370 Konzerte auf der ganzen Welt. Dabei füllte Leonard Cohen nicht nur die eigenen Taschen. Im November 2010 trat er in Kambodscha auf und vermachte die Einnahmen dem lokalen Roten Kreuz, nach einem Auftritt in Israel spendete er großzügig an zwei Hilfsorganisationen, die eine jüdisch, die andere palästinensisch. Nun erscheint der dritte Mitschnitt seiner späten Liveaktivität. Ob das wirklich nach "Live In London" (2009) und "Songs From The Road" (2010) nötig war? Nicht so leicht zu beantworten. Da "Live In Dublin" kurz vor Weihnachten erscheint, dürfte der kommerzielle Erfolg gesichert sein. Andererseits fällt das Paket mit drei CDs und einer DVD/Blue Ray-Scheibe außergewöhnlich üppig aus. Letztere in HD aufgenommen, wie das Label betont. Von Abzocke kann also nicht die Rede sein. Für den Insider interessant ist auch der Umstand, dass hier die erneuerte Version von Cohens Liveband zu sehen ist: Ohne Gitarrist Bob Metzger, dafür mit dem Geiger Alex Bublitchi, was dazu führt, dass die Stücke nun eine Spur markanter klingen. Wobei die Webb Sisters und die langjährige Mitarbeiterin Sharon Robinson für Kontinuität sorgen. Erstaunlich auch, wie gelassen Cohen mittlerweile auf der Bühne steht. Zeit seines Lebens litt er an starkem Lampenfieber, das Touren brachte ihn mehrmals an den Rand der Verzweiflung. Nun macht es ihm sichtlich Spaß, mit exzellenten Musikern auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum zu interagieren. Manche Kritiker missverstehen seine Höflichkeit als Unterwürfigkeit: In der Tat bedankt sich Cohen beim Publikum, noch bevor die erste Note gespielt ist. Kurz danach bedankt er sich für die Jahre lange Treue und dafür, in schweren wirtschaftlichen Zeiten die Familienkasse geplündert zu haben, um die Eintrittskarten zu ergattern. Seine Bandmitglieder und Tourcrew stellt er mehrmals vor, oft mitten in den Stücken. Ansagen, die er mit leichten Variationen bei jedem Konzert bringt, die man ihm dank seiner immensen Ausstrahlung aber gerne abnimmt. Tatsächlich scheint Cohen überrascht, dass man ihm, einem 79-Jährigen, soviel Liebe und Interesse schenkt. "Ich verspreche euch, dass wir heute Abend alles geben werden", erklärt er folgerichtig. Etwa drei Stunden dauerten seine Auftritte auf dieser Tour, von denen dieser im September 2013 einer der letzten in Europa war. Eine beachtliche Leistung, auch wenn es mittendrin und vor den Zugaben längere Pausen gab und er sich Auszeiten nahm, indem er seiner Band Soloeinlagen zugestand. Etwa Javier Mas, der zu Beginn von "Who By Fire" fünf Minuten lang auf einem lautenähnlichen Ungetüm namens Archilaud zupft. Sharon Robinson gibt "Alexandra Leaving" zum Besten, und die Webb Sisters das unter die Haut gehende "If It Be Your Will". Doch Cohen gibt tatsächlich alles, mal mit dem Mikrophon in der Hand, mal an der Gitarre oder an einer Casio-Orgel ("Tower Of Song"). In "Recitation W/ N.L." trägt er "A Thousand Kisses Deep" als Gedicht vor. Drei Stunden reichen locker aus, um den Backkatalog auszuleuchten und das damals aktuelle Album "Old Ideas" (2012) an den Zuschauer zu bringen. Leider war "Crazy To Love You" nicht Teil der Setlist, doch die anderen Stücke hören sich live ein ganzes Stück besser an als im Studio. Mut beweist Cohen auch, indem er "Chelsea Hotel #2" ausgräbt, seine 1974 veröffentlichte Hommage an Janis Joplin inklusive Beschreibung ihres Techtelmechtels. "Wir wissen nicht, wann wir so wieder zusammenkommen. Also, machts gut, Freunde, bis dahin. Fahrt vorsichtig nach Hause, fangt euch keine Erkältung ein. Ihr sollt von Freunden und Familien umgeben sein. Und falls euch das nicht beschieden ist, dann soll euch der Segen in der Einsamkeit erreichen", verabschiedet sich Cohen in "Closing Time", bevor er hüpfenden Schrittes die Bühne verlässt (und danach für zwei weitere Zugaben zurückkehrt). Ob er noch mal auf Tour kommen wird? Hoffentlich. Doch wolle er etwas tun, was künftige Tourpläne durchkreuze, nämlich wieder das Rauchen anfangen, wie er in "Anyhow" im Bonusteil der Filmaufzeichnung schmunzelnd zu Protokoll gibt. Save The Last Dance For Me, eben.
© Laut
2008 stand der Altmeister, damals schon 74, nach 15 Jahren überraschend wieder auf der Bühne. Hatte ihn zunächst ein leergefegtes Bankkonto dazu gezwungen - seine langjährige Managerin hatte ihn übers Ohr gehauen - fand er offenbar Gefallen daran. Denn bis 2013 gab er 370 Konzerte auf der ganzen Welt. Dabei füllte Leonard Cohen nicht nur die eigenen Taschen. Im November 2010 trat er in Kambodscha auf und vermachte die Einnahmen dem lokalen Roten Kreuz, nach einem Auftritt in Israel spendete er großzügig an zwei Hilfsorganisationen, die eine jüdisch, die andere palästinensisch. Nun erscheint der dritte Mitschnitt seiner späten Liveaktivität. Ob das wirklich nach "Live In London" (2009) und "Songs From The Road" (2010) nötig war? Nicht so leicht zu beantworten. Da "Live In Dublin" kurz vor Weihnachten erscheint, dürfte der kommerzielle Erfolg gesichert sein. Andererseits fällt das Paket mit drei CDs und einer DVD/Blue Ray-Scheibe außergewöhnlich üppig aus. Letztere in HD aufgenommen, wie das Label betont. Von Abzocke kann also nicht die Rede sein. Für den Insider interessant ist auch der Umstand, dass hier die erneuerte Version von Cohens Liveband zu sehen ist: Ohne Gitarrist Bob Metzger, dafür mit dem Geiger Alex Bublitchi, was dazu führt, dass die Stücke nun eine Spur markanter klingen. Wobei die Webb Sisters und die langjährige Mitarbeiterin Sharon Robinson für Kontinuität sorgen. Erstaunlich auch, wie gelassen Cohen mittlerweile auf der Bühne steht. Zeit seines Lebens litt er an starkem Lampenfieber, das Touren brachte ihn mehrmals an den Rand der Verzweiflung. Nun macht es ihm sichtlich Spaß, mit exzellenten Musikern auf der Bühne zu stehen und mit dem Publikum zu interagieren. Manche Kritiker missverstehen seine Höflichkeit als Unterwürfigkeit: In der Tat bedankt sich Cohen beim Publikum, noch bevor die erste Note gespielt ist. Kurz danach bedankt er sich für die Jahre lange Treue und dafür, in schweren wirtschaftlichen Zeiten die Familienkasse geplündert zu haben, um die Eintrittskarten zu ergattern. Seine Bandmitglieder und Tourcrew stellt er mehrmals vor, oft mitten in den Stücken. Ansagen, die er mit leichten Variationen bei jedem Konzert bringt, die man ihm dank seiner immensen Ausstrahlung aber gerne abnimmt. Tatsächlich scheint Cohen überrascht, dass man ihm, einem 79-Jährigen, soviel Liebe und Interesse schenkt. "Ich verspreche euch, dass wir heute Abend alles geben werden", erklärt er folgerichtig. Etwa drei Stunden dauerten seine Auftritte auf dieser Tour, von denen dieser im September 2013 einer der letzten in Europa war. Eine beachtliche Leistung, auch wenn es mittendrin und vor den Zugaben längere Pausen gab und er sich Auszeiten nahm, indem er seiner Band Soloeinlagen zugestand. Etwa Javier Mas, der zu Beginn von "Who By Fire" fünf Minuten lang auf einem lautenähnlichen Ungetüm namens Archilaud zupft. Sharon Robinson gibt "Alexandra Leaving" zum Besten, und die Webb Sisters das unter die Haut gehende "If It Be Your Will". Doch Cohen gibt tatsächlich alles, mal mit dem Mikrophon in der Hand, mal an der Gitarre oder an einer Casio-Orgel ("Tower Of Song"). In "Recitation W/ N.L." trägt er "A Thousand Kisses Deep" als Gedicht vor. Drei Stunden reichen locker aus, um den Backkatalog auszuleuchten und das damals aktuelle Album "Old Ideas" (2012) an den Zuschauer zu bringen. Leider war "Crazy To Love You" nicht Teil der Setlist, doch die anderen Stücke hören sich live ein ganzes Stück besser an als im Studio. Mut beweist Cohen auch, indem er "Chelsea Hotel #2" ausgräbt, seine 1974 veröffentlichte Hommage an Janis Joplin inklusive Beschreibung ihres Techtelmechtels. "Wir wissen nicht, wann wir so wieder zusammenkommen. Also, machts gut, Freunde, bis dahin. Fahrt vorsichtig nach Hause, fangt euch keine Erkältung ein. Ihr sollt von Freunden und Familien umgeben sein. Und falls euch das nicht beschieden ist, dann soll euch der Segen in der Einsamkeit erreichen", verabschiedet sich Cohen in "Closing Time", bevor er hüpfenden Schrittes die Bühne verlässt (und danach für zwei weitere Zugaben zurückkehrt). Ob er noch mal auf Tour kommen wird? Hoffentlich. Doch wolle er etwas tun, was künftige Tourpläne durchkreuze, nämlich wieder das Rauchen anfangen, wie er in "Anyhow" im Bonusteil der Filmaufzeichnung schmunzelnd zu Protokoll gibt. Save The Last Dance For Me, eben.
© Laut